Peter Lehner, ÖVP-ler, Obmann der Selbständigenversicherung (SVS) sowie des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger und Obmann der Unternehmerseite in der Österreichischen Gesundheitskasse ÖGK (1), schlägt wegen des von der ÖVP-Grünen-Regierung für die Förderungen der Wirtschaft explodierten Budgetdefizits vor, bei der Gesundheit der Allgemeinheit Einschnitte zu machen. So sagte er: „Wir dürfen vom Gesundheitssystem nicht den Mercedes in Vollausstattung erwarten. Die Aufgabe des Gesundheitssystems ist es, einen guten Standard-Golf zu liefern und nicht den Mercedes.“
Ungeheuerlich. Lehner war schon in der ÖVP-FPÖ-Regierung (2017 – 2019) und seither dafür mitverantwortlich, dass jetzt das Defizit der ÖGK, also der Krankenkasse der Arbeiter und Angestellten, bereits auf eine halbe Milliarde Euro angewachsen ist und in den nächsten Jahren auf eine Milliarde Euro anwachsen soll, wenn so weitergemacht wird. Geschieht nichts, erwartet ÖGK-Obmann der Arbeitnehmerseite, Andreas Huss (1), „bis 2028 Verluste von insgesamt vier Milliarden Euro, sollte die Wirtschaft nicht stärker wachsen. Huss macht auch die Kassenfusion und mit ihr verbundene Gesetzesänderungen für die Entwicklung verantwortlich (2). Die Pauschale der Unfallversicherung an die ÖGK für die Versorgung Verunfallter wurde verringert, die Gesundheitskasse muss zudem mehr Mittel in den Privatspital-Fonds legen. Laut Huss betrage die Belastung der ÖGK dadurch 1,7 Milliarden Euro seit 2019. Huss fordert weiters einen Zuschuss des Bundes. Der konkrete Vorschlag der ÖGK: Weil bei Pensionisten der Arbeitgeberanteil entfällt, zahlt der Staat dazu. Dieser sogenannte Hebesatz soll angehoben werden, somit könnte auch eine Koppelung an die demografische Entwicklung verankert werden“ (3).
Statt der von FP und VP 2018 bei der Sozialversicherungsreform“ angekündigten „Patientenmilliarde“ (2) soll es – gespickt mit dem Zynismus des Merdeces-Golf-Vergleiches“ – zu noch mehr Zwei- bis Drei-Klassenmedizin kommen. Wer durch Ausbeutung der Arbeiter und Angestellten oder durch Erbschaft Geld angehäuft hat, wird nach Lehner in der „Mercedes“-Klasse versorgt, wer wenig verdient, soll weniger Gesundheits- und Krankenversorgung erhalten. Ginge es nach FP und VP (so war der Stand der FP-VP-Verhandler vor Abbruch) soll dort weitergemacht werden, wo Türkis-Blau, wo Kurz-Strache/Kickl/Hartinger-Klein 2017 begonnen haben:
- Umfärbung der Sozialversicherung, sodass dort die Unternehmer durch die von FP und VP geschaffene „Parität“ in den Gremien wenn sie wollen alles blockieren bzw. mit den schwarzen „Arbeitnehmervertretern“ sogar eine Mehrheit haben, obwohl die Krankenkassengelder nicht von den Unternehmern, sondern von den Arbeitern und Angestellten stammen
- damit zusammenhängend die weitere finanzielle Aushungerung der ÖGK durch Streichung von bisherigen Abgeltungen
- Umleitung von Sozialversicherungsgeldern der Arbeiter und Angestellten (ÖGK) zu privaten „Gesundheitsbetreibern“ (Stichwort: PRIFKAF), somit Umverteilung zur teueren Privatmedizin
- das bedeutet für die Patient:innen längere Warteizeiten in Spitälern und bei Ärzten, weniger Kassenärzte, mehr teure Wahlärzte, die sie dann zusätzlich zum Sozialversicherungsbeitrag aus eigener Tasche (Selbstbehalte) bezahlen müssen
Das muss eine neue Regierung stoppen! Dagegen müssen ÖGB, AK, SPÖ, Jugend- und Pensionistenvertreter:innen mobilisieren! Gegen diese Entwicklung muss auch die Ärzteschaft, müssen jene Ärzte, die an einem am Gemeinwohl orientierten Gesundheitssystem und nicht an einer Scheckkarten-Medizin interessiert sind, auftreten und hinwirken.
(1) Seit der Sozilversicherungsreform 2018 wechselt die Obmannschaft in der ÖGK halbjährlich ab
(2) Siehe Kurzbericht über die Kritik an der Sozialversicherungsreform 2018, wo die Grundlage für den Defizitweg, die Aushungerung und die schrittweise Privatisierung der Sozialversicherung gelegt wurde: https://www.facebook.com/kontrast.at/videos/2139996242918421/